Clever konsumieren: Preis-Wert – Überlegungen zum Modekauf

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Preis-Wert – Überlegungen zum Modekauf: In der Mode ist der Qualitätsbegriff vom Produktergebnis selbst weitgehend losgelöst. Unser Auge bewertet eher den „Look“ als die Verarbeitung der Nähte. Anders bei kosmetischen Produkten: Strähniges oder glanzloses Haar wird sofort mit dem Shampoo oder der Haarkur in Verbindung gebracht, weil man deren Anwendung kennt beziehungsweise auf der Rückseite der Flasche nachlesen kann. In der Bekleidung aber wirft die Anwendung – etwa wie Farben, Muster oder Stoffe miteinander kombiniert werden können und ob sie auch zum Typ der Trägerin/des Trägers passen – oft Fragen auf. Dadurch rückt der Style – und ob er gelingt – in den Vordergrund der Bewertung. Gerade im Modekonsum geht nichts über eine gute stilistische Beratung.

Würde ich dieses Teil auch aus zweiter Hand kaufen?

Die Frage nach der Qualität textiler Endprodukte lautet: Würde ich dieses Teil auch aus zweiter Hand kaufen? Die Angebote in Secondhand-Läden oder einschlägigen Versteigerungsportalen von privat an privat belegen, dass es die produktgetriebenen Marken sind, die im Wiederverkauf Begehrlichkeit wecken. Das heißt: Die Produkte einer Marke sind bekannt für eine gute Konfektionierung (Größen fallen immer gleich aus) und eine kontinuierlich sehr gute Verarbeitung. Im Vergleich bauen marketinggetriebene Marken auf einem künstlich erzeugten Image und einem virtuellen Wert auf, ähnlich wie eine Aktienoption, bei der man noch lange keine Aktie in der Hand hält. Wer also ein trendiges und heftig beworbenes Label trägt, muss noch lange kein gutes Produkt tragen.

Billige Artikel sind keine Schnäppchen

Textilien mit einem niedrigen Preis sind nur dann ein Schnäppchen, wenn der Wert der Ware höher liegt. Billige Artikel sind keine Schnäppchen. Im Top Level der Luxusmarken ist der Wiederverkaufswert eine Folge des meist über Jahrzehnte aufgebauten Markenkults. Die Qualität steht hier nie infrage – sie ist Teil des Weltbilds der Marke. Auch hier aber ist ein Kauf nur dann ein Erfolg, wenn mir das Kleidungsstück auch wirklich
steht! Betrachtet man den Luxusgütermarkt, wird die Investition in manche Stücke tatsächlich zur Geldanlage, die das Umweltthema auf interessante Weise überflüssig macht.

Auge schulen und Kopf einschalten

Als Endverbraucher können wir nur begrenzt beurteilen, wie Produkte entstanden sind, welche technischen Werte beispielsweise die Stoffe mitbringen und wie sich die Lebensverhältnisse der Menschen, die es zusammengenäht haben, darstellen. Der Streit um faire Löhne, Gewinnmargen, nachhaltige Produktion und Sicherheitsstandards in der Textilindustrie tobt, und das ist gut so: Wir dürfen nicht mehr aufhören hinzuschauen – und sollten bei jedem Kauf immer wieder entscheiden, ob wir dem Label vertrauen. Zusätzlich sollten wir aber auch unser Auge schulen und unseren Kopf einschalten, ob ein Preis realistisch ist. Wir können unser eigenes (Massen-) Konsumverhalten infrage stellen und wieder mehr auf Klasse statt Masse setzen. Denn Marketing ist durchaus etwas Großartiges, wenn es Vehikel für gute Produkte wird.

Billige Kleidung ist, nicht nur für unser eigenes Portemonnaie, die teure Lösung

Der schon jetzt legendäre Werbeslogan der Automarke Opel „Umparken im Kopf“ bringt auf den Punkt, worum es auch im Modekonsum geht. Erst wenn wir erkennen, dass billige Kleidung nicht nur für unser eigenes Portemonnaie die teure Lösung ist, können wir neue Entscheidungen treffen, von denen letztlich alle profitieren: Rohstofflieferanten, Hersteller, Näher, Händler – und wir selbst.

Es wird Zeit, dass wir umparken.

 

Textauszug aus dem Buch „Clever konsumieren“ von Katharina Starlay zum Thema „Die Qualitätsfrage beim Kauf von Textilien“ Bild:©essentialimage – Fotolia.com

 


 Katharina Starlay 250Die Autorin: Katharina Starlay

Katharina Starlay ist studierte Modedesignerin, Imageberaterin der ersten Stunde und Mitglied des Deutschen Knigge-Rats. Als Stilcoach begleitet sie Einzelpersonen für mehr Erfolg in Beruf und Karriere. Seit 2002 berät sie aber auch Unternehmen für ihren Außenauftritt und entwirft Firmenkleidung (Corporate Wear). Denn Aussehen und Auftreten von Mitarbeitern sind ein Baustein des Vertriebskonzepts.

 

Weiter lesen!? „Clever konsumieren“ ist im Franfurter Allgemeine Buch Verlag erschienen:

Clever konsumieren
Katharina Starlay
ISBN: 978-3-95601-058-3
240 Seiten,
Hardcover mit Schutzumschlag